Es ist mittlerweile spürbar und wissenschaftlich belegbar, dass sich unser Klima drastisch verändert hat und sich weiter rasch wandeln wird. Somit steht auch der Weinbau weltweit vor einer seiner größten Herausforderungen. „Vor 10 Jahren noch 40 Prozent erfrorene Rebstöcke, heute erstmalig Spätlesen“, so formuliert es ein Winzer aus Saale-Unstrut, einem von Deutschlands kühlsten Anbaugebieten. Eine Region, die von der Erwärmung noch profitiert.
Ganz generell finden wir in unserem kontinental beeinflussten Klima noch gute Weinbaubedingungen. Noch überwiegt der für die Traubenentwicklung positive Gegensatz von heißen Sommertagen und kalten Nächten, von regenarmen, milden Herbsttagen und einem Winter, der auch mal heftigen Frost mit sich
bringt. Die warmen Weinbauländer und Anbaugebiete jedoch, insbesondere diejenigen in denen Wasser knapp wird, sehen düsteren Zeiten entgegen. Weniger natürliche Säure in den Trauben, viel zu hohe Alkoholwerte, und bedingt durch Wassermangel Trockenstress und Fehlaromen.
Konsequenzen für den Weinbau wurden bereits Mitte der 1990er Jahre abgeleitet. Unter dem Stichwort „Cool Climate Growing“, begann man in den Ländern und Regionen mit heißem Klima, Weinreben in kühleren Lagen anzupflanzen. Das bedeutet, man nutzt hier eher Höhenlagen bis etwa 750 Höhenmeter (auch Hochplateaus) oder schattige Hanglagen und setzt auf den kühlenden Einfluss von Gewässern, wie Flüsse, Seen oder Ozeane. Den traditionellen Rebsorten kommen kühleres Klima und eine längere Reifungsperiode entgegen. Angestrebt wird ein optimale Traubenreife durch viel Sonne tagsüber und eine gute Säure- und Aromenausbildung durch kühle Nächte. Ein milder und trockener Herbst, oder, wie wir hierzulande sagen ein schöner „Altweibersommer“, sichert den Trauben die wichtige, lange Vegetationsphase. Weine aus diesem Traubenmaterial glänzen mit frischer, delikater Frucht, einer ausgewogenen, animierenden Säure und moderatem Alkohol.
Cool Climate Weingrowing findet nicht nur in den Ländern der sogenannten Neuen Welt, wie zum Beispiel Chile, Kalifornien oder Neuseeland statt, sondern auch in den Weinbauländern Europas. Hier eine kurze, allgemein gehaltene Liste. Innerhalb eines warmen Weinbaulandes bzw. einer wärmeren Region gibt es manchmal auch kühle Subzonen oder spezielle kühle Nischenklimata. Als Beispiele dienen Weine vom Fuße des Etna (Sizilien) oder Weine aus der D.O. Toro, einem Hochplateau in Nordspanien.
Beispiele für warme Weinbauländer- und regionen
Süditalien
Südfrankreich
Griechenland
Zentral- und Südspanien
Zentral- und Südportugal
Kalifornien
Argentinien
Australien
Südafrika
Beispiele für kühle Weinbauländer und -regionen
Nordfrankreich
Norditalien
Nordportugal
Deutschland
Österreich
Nordgriechenland (Mazedonien)
Ungarn
Chile
Neuseeland
Oregon
Washington State
New York
Südafrika (Atlantikküste, Kapregion)